245
von der See her auf ihren stachen Kähnen die Weser
und Elbe aufwärts plündernd und raubend in Deütsch-
land eindrangen. Die schlimmsten Unholde aber wa-
ren die rohen Ungarn, welche haüfig zu Hilfe gerufen
wurden, wenn die Slaven sich der Deutschen nicht
mehr allein erwehren konnten. Wie der Blitz waren
sie im deütschen Lande, durchstreiften cs auf schnellen
Rossen in seiner ganzen Lange, raubten alles Vieh,
führten die Menschen als Sklaven fort; und ermannte
sich das deutsche Volk ja einmal zu muthigcm Wider-
stande: so waren die Ungarn meist schon wieder zum
Lande hinaus, ehe die schwerfälligen Rüstungen der
Deütschen zu Stande kamen. Alles das mußte der da-
malige König Konrad geschehen lassen, da er selbst
mit t deütschen Fürsten in stetem Kriege war. Sein
vorzüglichster Gegner war der Herzog Heinrich von
Sachsen, ein Nachkomme Wittekinds. Ihn konnte
Konrad nicht besiegen. Wie würde das eine kleine
Seele zu Haß und Rache gestachelt haben! Hören wir,
was Konrad that! Als er dem Tode nahe kam, lag
ihm seines Deütschlands Unglück recht schwer auf dem
Herzen. Wer soll nun helfen? dachte er. Ich konnte
es nicht, weil Heinrichs Hand zu schwer auf mir lag;
denn er war kräftiger, als ich. Halt! ich habe den
Mann! Er soll Deütschlands Netter sein! Und er em-
pfahl Heinrichen den deütschen Fürsten mit libergchung
des eigenen Bruders zu seinem Nachfolger als König
von Deütschland. Die deütschen Fürsten sollen Hein-
richen, als sie ihm die Krone brachten, auf dem Vo-
gelheerde gefunden haben. Darum heißt er der Vog-
ler oder Finkler bis auf den heütigen Tag. Ihm ge-
lang es, in einer Schlacht gegen die Ungarn einen
vornehmen Anführer derselben gefangen zu nehmen.
Für die Frergebuttg desselben gewährten ihm die Un-
garn einen ncünjährigen Waffenstillstand. Aber nun
legte Heinrich nicht etwa die Hände in den Schoos,
oder schwelgte und praßte bei glänzenden Festen. Nein!
in ganz Deütschland sah man ihn herumcilen. Hier
ließ er offene Orte mit Mauern umgeben, wohin die
Wehrlosen ftüchten könnten, wenn das ungarische Un-
gcthüm wieder einbräche; dort übte er das Fußvolk im
Waffengcbrauche, um dem Feinde eine feste Lanzen-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Konrad Heinrich_von
Sachsen Heinrich Konrad Konrad Konrad Konrad Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich
292
von der wir gar keine Vorstellung haben, muß man
wohl hierher rechnen, wenn man auch nicht leugnen
kann, daß die feige Geduld, mit welcher der Bürger
unserer Tage abwartet, wie viel die Habsucht des ein-
dringenden Feindes ihm lassen will, nicht zu den Tu-
genden gehört, die den Mann zieren. Aber auch, wenn
kein allgemeiner Krieg war, fiel es wohl einigen Rit-
tern der Nachbarschaft ein, der Stadt Fehde anzusa-
gen. Dann waren Tag und Nacht die Thore geschlos-
sen, oder wenigstens stark bewacht; kein Einzelner
wagte es, im Freien frische Luft zu schöpfen; das
Schwert an der Seite, bestellte der Bürger seinen Acker;
nur unter gewaffneter Bedeckung sendete man die Heer-
den auf die Weide und die Waarentransporte auf die
Straße. Gleichwohl erscholl oft genug das Jammer-
geschrei der Witwen und Waisen durch die Straßen,
wenn ihnen der Gatte und Vater von den Knechten
der feindlichen Ritter draußen erschlagen worden war;
glücklich noch die Neichen, welche bloö auf die Naub-
burgen geschleppt wurden, um von ihren Angehörigen
mit großen Summen ausgelöst zu werden. — Rechnet
ihr hierzu Pest und Hungersnoth, denen die Städte
so wenig entgingen, als das platte Land, und von de-
nen die erste in Ermangelung aller ärztlichen Vorkeh-
rungen in jedem Menschenalter wenigstens einmal ihre
gräßliche Wanderung machte: so werdet ihr wohl ein-
sehen, daß der Burger in seinen wohlgebauten und
heitern Städten, die jetzt durch das Gesetz besser ge-
schützt find, als ehemals durch finstere Mauern, wohl
schwerlich Lust haben möchte, seine jetzigen Verhält-
nisse mit den ehemaligen zu vertauschen. — Nun, wer-
det Ihr fragen, so waren wohl die gestrengen Junker
in jenen Zeiten die einzigen glücklichen Menschen? Es
fragt sich, was ihr Glück nennt. Eüch Landleüte brau-
che ich hoffentlich nicht vor den abgeschmackten Dar-
stellungen der Ritterromane zu warnen, mit welchen
das junge Volk in der Stadt seinen gesunden Men-
schenverstand verdirbt. In diesen unsinnigen Büchern
nimmt sich das Ding manchmal freilich wunderhübsch
aus. Hört ihr lieber die nackte Wahrheit! Die mei-
sten dieser Junker waren so roh und unwissend, wie
ihre Leibeignen eben auch. Sich herumschlagen in den
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253
Hellen Verstand, um die verbreiteten Irrlehren aufzu-
decken z den festen Willen, alle seine Kräfte für den
Sieg der Wahrheit zu verwenden; und ein fröhliches
Gottvertrauen, welches ihn keine Gefahr fürchten ließ.
Dieses Gottvcrtrauen war ihm auch sehr nöthig; denn
als er verlangte, daß seinen Landsteüten das Evange-
lium in ihrer Muttersprache gepredigt werden sollte —
kannst du wohl glauben, mein Sohn, daß man da-
mals den Gottesdienst in lateinischer Sprache hielt,
die Niemand verstand? — als er forderte, daß beim
heiligen Abendmahle den Christen nicht nur die Hostie,
wie der Papst in Rom geboten, sondern auch der
Kelch gereicht werde, wie Christus befohlen hatte; als
er die schwelgerische und wollüstige Geistlichkeit mit
lauter Stimme zur Verbesserung ihrer Sitten antrieb:
da forderte man ihn 1414 nach Koftnitz in der Schweiz,
wo eine Menge vornehmer Geistlichen und weltlicher
Fürsten zusammengekommen war, um sich über die
Angelegenheiten der Kirche zu berathen. Als er hier
nun nicht widerrief, was er gelehrt hatte: da warf
man ihn in ein schreckliches Gefangniß, verbrannte
ihn lebendigen Leibes und zerstreüte seine Asche in dem
Rheine. Aber seine Freünde, die Hussiten, hatte man
nicht zerstreüt; sie sammelten sich vielmehr zu furcht-
barer Rache. Der Haß der Böhmen war besonders
gegen den Kaiser Sigismund gerichtet, welcher den
Huß durch trüglichcs Versprechen der Sicherheit nach
Kostnitz gelockt hatte. Unter den deütschen Fürsten
nun, welche Sigismunden gegen die Böhmen beistan-
den, zeichnete sich besonders Friedrich der Streitbare
aus. Das bekam seinem Lande übel. Denn nicht
nur wurden seine Heere in Böhmen zu verschiedenen
Malen völlig geschlagen, sondern schon bei Friedrichs
Lebzeiten, mehr aber noch nach dessen Tode 1428 stürz-
ten die Hussiten in die meißnischen Länder herüber,
wo sie Städte und Dörfer plünderten und anzundeten,
Männer, Weiber und Kinder mordeten und den übrig-
tzcbliebenen nur die Augen ließen, um ihr Unglück zu
uberschauen und zu beweinen. Alles dieß thaten die
Hussiten zur traurigen Vergeltung eben so entsetzlicher
Greüelthatcn, welche zuvor die Deütschen in Böhmen
ausgeübt hatten. Böse Saat, böse Frucht! Aber,
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Extrahierte Personennamen: Christus Sigismund Friedrich Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Rom Koftnitz Schweiz Rheine Friedrichs
243
mögen — und Liebe zu Trunk und Spiel hatten sie
daheim genug. Gleichwohl zog unter des Quincti-
tiuö Varus Anführung ein mächtiges Heer über den
Rhein in das innere Deütschland, versehen mit Ru-
then und Beilen, um die Unfolgsamen zu züchtigen und
zu töden, bewaffnet mit glänzendem Helme und blan»
kem Harnische, Schwertern und Lanzen. Das Alles
aber hörte auf zu glänzen und zu glizern, als sie tie-
fer eindrangen in dem Teütoburger Wald an der We-
ser, und als gleichzeitig die Sonne hinter dichten Re-
genwolken sich verkroch. Heftiger uno heftiger strömte
der Regen; undurchdringlicher und ungangbarer wurde
der Wald: da plötzlich stürzten die hochgebauten, blau-
aügigen, blondhaarigen Deütschen, halbnackt, mit
Thierhaüten bedeckt und furchtbar geputzt, Keüle und
Spieß in der Faust, über die Eroberer her. Nur
wenige Römer entkamen dem Blutbade, um ihrem
Kaiser Augustus zu sagen, daß Deütschland nicht so
leicht zu erobern sei. Der Mann, welcher die Deüt-
schen in dieser Schlacht anführte, hieß Hermann, und
das Ereigniß fällt ungefähr in dieselbe Zeit, wo die
besorgte Maria ihren Sohn Jesus in dem Tempel un-
ter den Schriftgelehrten wieder fand. Von da an
wurden die Deütschen den Römern immer furchtbarer,
besonders als letztere durch die Reichthümer, welche sie
in allen Ländern zusammengeraubt hatten, schwelge-
risch, schwach und feig geworden waren. Endlich um
das Jahr^ 400 nach Christo stürzten von allen Seiten
deütsche Völkerschaften in das römische Reich. In Spa-
nien, Frankreich, England und Italien ließen sich
deütsche Völker nieder, nahmen den Einwohnern Äcker
und Wiesen und machten sie zu ihren Sklaven. Es
war eine traurige Zeit der Verwüstung und des Jam-
mers, durch welche Gott die ausgearteten Römer
strafte. Unter den eroberten Völkern wurden besonders
die Franken in Gallien (so hieß Frankreich, bevor die
Franken dorthin kamen) sehr mächtig; aber in dem
fremden Lande hatten sie die deütsche Art und Sitte
verloren und wurden daher von den Deütschen, welche
in Deütschland zurückgeblieben waren, nicht geliebt«
Besonders lagen die Sachsen, welche an der Elbe,
Weser uüd Nordsee wohnten und Heiden gebliebev wa-
16*
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Extrahierte Personennamen: Varus Augustus Hermann Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Christo Frankreich England Italien Gallien Frankreich Deütschland Sachsen Nordsee
274
len. Erst der Waffenstillstand zu Kötzschenbroda
1645 milderte diese Qualen in Sachsen, bis end-
lich der westliche Friede 1648 denselben in
ganz Deutschland ein Ende machte. Ach! selbst
das Friedensfest nach einem solchen Kriege konnte
nur einen höchst traurigen Anblick bieten, ln den
Städten wohl tönte die Glocke hinab in die Stra-
ssen, um einzuladen znm Dankgebete im Tempel
des Herrn; aber nicht zahlreiche, geschmückte
und fröhliche Schaaren sah man wie Bäche aus
den Gässlein hervorquellen und in den Gassen sich
einen zum Flusse und als Strom sich ergiessen in
das Gotteshaus. Ach nein! dort wankt ein Greis
aus dem verfallenen Hause; sein Mütterchen, selbst
auf den Stab sich stützend, ist seine Stütze. Auf
der Mitte der Strasse bleiben sie stehen und schauen
hinab — dort unten muss ja der Sohn heraufkom-
men und die Schwiegertochter und die fröhliche
Enkelsch^ar, um mit den Grosseltern zur Kirche
zu gehen — ach nein, sie kommen nicht! Pest
hat den Sohn, Gram die Tochter, Hunger die En-
kel dahingerafft, während die Grosseltern als Gei-
sseln von den wilden Feinden in die Wälder ge-
schleppt waren. Dort schleicht ein junges Weib
unter Trümmern hervor; tiefer Kummer hat den
Tod auf ihr Angesicht gemalt; zwei Kinder hat
sie an der Hand; flie führt sie an einen gegenüber
liegenden Stein; noch ist er von Blutflecken ge-
röthet. Hier haben die Schweden eüren armen
Vater erschlagen, sagt sie ohne Thräneü, kommt
in die Kirche, um zu dem zu flehen, der nun al-
lein eiier Versorger ist. Drei, fünf, zehn, vier-
zehn Häuser entlang sieht man kein menschliches
Antlitz hervortreten; denn die eingeschlagenen Thü-
ren, die fensterlosen Höhlen, welche wie ausge-
weinte Augen in die Strassen hinabstarren, sind
Beweises genug, dass die ehemaligen Bewohner
dieser Haüser entweder im Grabe den langen Jam-
mer verschlafen, oder in der Wildniss umherir-
ren. Nein, nicht Ströme ergiessen sich in das Got-
teshaus, nur einzelne Unglückliche sieht man hin-
einsehleichen, deren verwelkte Lippe die Zähne
\
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Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Deutschland Schweden Wildniss
275
nicht birgt, deren zerlumptes Kleid die Blosse nicht
deckt. Und wie nun der Prediger einen Rückblick
thut auf die erlebten Trübsale, um auf die Trö-
stungen vorzubereiten, welche die Zukunft brin-
gen soll: da hört ihn Niemand. — Alles schluchzt
— er hört auf zu sprechen — nieder knieet er und
flehet um Trost von Gottes wunderkräftiger All-
macht für die, welche von Menschenlippen nicht
mehr zu trösten sind. So sah es in vielen Städten
aus. Auf dem platten Lande war es, wo möglich,
noch schlimmer. Hunderte von Dörfern waren von
der Erde verschwunden, und hier und da sah mah
Heerden von Kindern auf den Wiesen Gras wei-
den, wie die Thiere des Feldes. Stand das Dorf:
so war wohl die Kirche oder der Thufm nieder-
gebrannt; stand der Thurm: so hatten raiiberische
Hände die friedekündenden Glocken herabgerissen,
um deren Metall zu todbringenden Kanonen zu ver-
schmelzen. Oder hatte wirklich ein Dorf Alles
dieses noch, und waren die Reste der Bevölke-
rung aus den Wäldern herbeigeschlichen, um ihr
Friedensfest zu feiern: so wurden sie wohl bei
diesem von wilden Raubhorden lüderlicher Men-
schen geschreckt, welche auch nach Beendigung
des Krieges die Rohheit beibehielten, in welcher
seit dreissig Jahren die Jugend heranfgewachsen
war. Dass es in dem verödeten Lande an grossen
Schaaren von Bären, Wölfen und andern Raub-
thieren nicht gefehlt haben wird, kann man sich
denken.
13) August der Starke.
Schrecklich, schrecklich war Sachsens Zu-
stand während und gleich nach dem dreissigjähri-
gen Kriege; aber Vater August und Mutter Anna
machten Alles wieder gut. Ja, ja, mein Sohn,
Vater August und Mutter Anna, welche schon seit
mehr als sechzig Jahren im Grabe ruheten, wurden
Sachsens Retter nach dem dreißigjährigen Kriege.
War auch während dieses unglücklichen Zeitrau-
18*
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Extrahierte Personennamen: August August August Anna
281
den. Denn König Friedrich, welcher durch jene Ab-
schriften Gewißheit erlangt zu haben glaubte, daß Sach-
sen nächstens gegen ihn feindlich auftreten werde, war-
nte das nicht ab. Wie ein Schncesturm brachen am
28. August 1756 seine Heere über Sachsen her, wel-
ches durch schnelle Gefangennchmung seines Heeres so-
fort wehrlos wurde; und es begannen die Leiden des
Krieges, welchen man den siebenjährigen nennt. Wa-
ren auch die Barbareien dieses Krieges nicht in dem
Grade entsetzlich, wie im dreißigjährigen: so ward
doch Sachsen durch denselben nicht weniger entkräftet.
Nicht nur wurden mehrere von den großen Schlachten
dieses Kampfes, die bei Roßbach 1757, bei Hochkirch
1758, bei Torgau 1760, bei Freiberg 1762 nebst un-
zähligen kleineren Treffen auf sächsischem Grund und
Boden ausgefochten; nicht nur litten Zittau 1757 und
Dresden 1760 durch Brand und Belagerung gräßliche
Verwüstung; nicht nur fielen Hunderte von Dörfern
in Asche: sondern die unglücklichen Sachsen, deren
Kurfürst nach Polen gefiohen war, mußten auch dem
fremden Könige fast unerschwingliche Abgaben zahlen,
wenn sie die an ihre Haüser gehängten Pechkränze nicht
auffiammen sehen wollten; mußten ihre jungen Mann-
schaften heerdenweise zusammengetrieben sehen, um un-
ter den Fahnen des Fürsten, der es wirklich auf Sach-
sens völlige Zerrüttung abgesehen hatte, gegen dieje-
nigen ihrer Brüder zu kämpfen, welche so glücklich
gewesen waren, zu den österreichischen Heeren zu ent-
kommen. Wie groß mußte die Freüde sein, als end-
lich die Nachricht von dem zu Hubertusburg am 15.
Februar 1763 geschlossenen Frieden erscholl! In dem-
selben Jahre noch starb Friedrich August Ii., und die
abscheüliche Herrschaft des unwürdigen Brühl hatte
ein Ende.
Während Brühl in seiner glänzenden Stellung
Alles that, was an ihm war, um Sachsens Wohlstand
zu zerrütten und das sittliche Gefühl der Sachsen zu
verderben, arbeitete ein armer, kranker Mann in stil-
ler Zurückgezogenheit mit gottseligem Eifer für die Er-
haltung^ frommen gottergebenen Sinnes unter seinen
Landsleüten. Christian Fürchtegott Gellert wurde 1715
zu Hainchen im Erzgebirge geboren, als das 14. Kind
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich August Freiberg Friedrich Friedrich August Christian_Fürchtegott_Gellert
[214]
356
13. Die Deutschen im Kampf mit Römern, Slaven
und Ungarn.
Auch über Deutschland wollten die Römer ihre Herrschaft aus-
breiten. Sie hatten bereits das westlich vom Rheine und südlich von
der Donau gelegene Land erobert. Ein neuer Statthalter, Quinctilius
Varus, drang mit einem Heere in's innere Deutschland ein und suchte
durch Einführung römischer Rechtspflege und römischer Sitten die Deut-
schen zu völligen Unterthanen der Römer zu machen. Gerade dies aber
erbitterte die Deutschen am meisten und vorzüglich die Fürsten derselben.
Unter diesen faßte der tapfere Hermann oder Arminius den kühnen
Gedanken der Befreiung. Er gründete, während er sich vor Varus den
Schein der Unterwürfigkeit gab, insgeheim einen Bund unter den ihm
befreundeten'fürsten und machte den Varus immer sicherer. Da kam
die Kunde, daß im Lande an der Ems Unruhen ausgebrochen seien.
Varus verlangte zur Dämpfung derselben von den deutschen Fürsten
Hilfstruppen; diese versprachen dieselben und erhielten dadurch einen Vor-
wand, sich zum Kriege zu rüsten. Varus drang mit drei Legionen in
den teuto burger Wald (Provinz Westphalen und Fürstenthum Lippe).
Unsägliche Mühe und nie geahnte Schrecken warteten der Römer in den
finstern Nächten dieses Urwaldes. Sie mußten seine Riesenstämme fällen
und über Schluchten und Moräste Brücken bauen, um durchzudringen.
Zudem tobte ein furchtbarer Sturm durch die Wipfel des Waldes, und
der Himmel schüttete unaufhörliche Regengüsse nieder. Da erschienen
ringsum die Deutschen; aber sie brachten nicht Hilfe, sie kamen als die
Rächer und Retter des Vaterlandes. Allmälig und von fern ward der
Angriff begonnen und ward immer ungestümer und kam immer näher;
doch erkämpften sich die Römer einen Lagerplatz. Dann verbrachten sie
eine Nacht voll banger Besorgnisse und verbrannten einstweilen das Ge-
päck, um sich leichter zu dem bevorstehenden schrecklichen Kampfe zu ordnen.
Mitten im Walde, wo damals die Römer lagerten, war ein freies Feld.
Jetzt liegt das Städtchen Horn daselbst, und jenes Feld wird das Winn-
feld genannt. Zwei Büche fließen daran hinab; davon heißt einer vom
vergossenen Blute der rothe Bach und der andere der Knochenbach. Dahin
äftmen die Legionen des andern Tages. Der Kamps dauerte fort, heißer
und blutiger. Zum zweiten Male sank dann die Nacht auf die Streitenden
nieder. Die Römer wollten Verschanzungen auswerfen: aber umsonst
war der Versuch; rhre Kraft wurde immer matter und der Kampf immer
gewaltiger. Furchtbar tobte das Unwetter am Himmel fort; wüthender
drangen die Deutschen ein; Varus wurde verwundet, und während seine
Kriegsschaaren bluteten, stürzte er sich in sein eignes Schwert. Nur
wenige Römer entrannen dem Blutbade.
Nach Schmitthenner.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
358
in ihre Länder: so vergalten sie dies durch ähnliche Handlungsweise.
Daher fortwährend Mordbrand und Blutvergießen mitten in Deutsch-
land auf der ganzen Grenze hin, wo die Slaven neben den Deutschen
wohnten. Dazu kamen noch die Normänner aus Schweden, Nor-
wegen und Dänemark und drangen von der See her auf ihren flachen
Kähnen die Weser und Elbe aufwärts plündernd und raubend in Deutsch-
land ein. Die schlimmsten Unholde waren aber die rohen Ungarn, welche
häufig von den Slaven zu Hilfe gerufen wurden, wenn sich diese der
Deutschen nicht mehr allein erwehren konnten. Wie der Blitz waren
sie im deutschen Lande, durchstreiften es auf schnellen Rossen in seiner
ganzen Länge, raubten alles Vieh und führten die Menschen als Sclaven
fort. Ermannte sich aber das deutsche Volk ja einmal zu blutigem Wider-
stände: so waren die Ungarn meist schon wieder zum Lande hinaus, ehe
die schwerfälligen Rüstungen der Deutschen zu Stande kamen. — Alles
das mußte der damalige König Konrad geschehen lassen, weil er selbst
mit deutschen Fürsten in stetem Kriege war. Sein bedeutendster Gegner
war der Herzog Heinrich von Sachsen, ein Nachkomme Wittekind's. Ihn
konnte Konrad nicht besiegen. Eine kleine Seele würde das zu Haß und
Rache gestachelt haben. Hören wir, was Konrad that! Als er dem Tode
nahe kam, lag ihm seines Deutschlands Unglück recht schwer auf dem Her-
zen. Wer soll nun helfen? dachte er. Ich konnte es nicht, weil Heinrich's
Hand zu schwer auf mir lag; denn er war kräftiger, als ich. Aber er soll
Deutschlands Retter sein! Und er empfahl den Heinrich den deutschen
Fürsten mit Übergehung des eignen Bruders zu seinem Nachfolger auf
dem deutschen Königsthrone. Die deutschen Fürsten sollen den Heinrich,
als sie ihm die Krone brachten, auf dem Vogelheerde gefunden haben.
(Darum heißt er der Vogelsteller oder Finkler bis auf den heutigen Tag).
Ihm gelang es, in einer Schlacht gegen die Ungarn einen vornehmen An-
führer derselben gefangen zu nehmen. Für die Freigebung desselben ge-
währten ihm die Ungarn einen neunjährigen Waffenstillstand. Aber nun
legte Heinrich die Hände nicht etwa unthätig in den Schooß, oder schwelgte
und praßte bei glänzenden Festen. Nein, in ganz Deutschland eilte er herum.
Hier ließ er offene Orte mit Mauern umgeben, damit die Wehrlosen dahin
flüchten könnten, wenn die Ungarn wieder einbrächen; dort übte er das
Fußvolk im Waffengebrauche, um dem Feinde eine feste Lanzenmauer und
gute Schützen entgegenzustellen. Hier lehrte er die schwerfälligen^deutschen
Reiter ihre Rosse handhaben, um den fliehenden Rotten deutsche Schwerter
in den Nacken zu schicken; dort führte er die Truppen vom Übungsplätze
zum ernsteren Kampfe über die slavischen Grenzen, um durch Unterjochung 1
dieser Völker den Ungarn ihre Bundesgenoffen zu entziehen. So waren
die neun Jahre verflossen. Wie Heuschreckenschwärme fielen die Ungarn auf's
neue über Deutschland her, 933. Bei Keuschberg unweit Merseburg erwar-
tete sie Heinrich; die Schlacht war blutig und hartnäckig; aber Gott half,
die Ungarn wurden besiegt. Was von ihnen in der Schlacht nicht gefallen
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Streitigkeiten und Zänkereien, die endlich soweit führten, daß gegen 5000
Studenten mit ihren Lehrern auszuwandern beschlossen. Gegen 2000
wendeten sich nach Leipzig, wo sie Aufnahme fanden. So wurde dadurch
im I. 1409 die dasige Universität gestiftet. — Später, im I. 1414,
sehen wir den Markgrafen Friedrich in großem Glanze, von vielen meißner
Rittern begleitet und mit einer Menge Knappen und Diener in der Stadt
Costnitz am Bodensee einziehen. Dort ward damals die berühmte Kirchen-
versammlung gehalten, auf welcher 1415 Huß und 1416 Hieronymus
zum Feuertode verdammt wurden. Von Costnitz zog er im nächsten Jahre
wieder herein und züchtigte sogleich nach seiner Rückkehr den rebellischen
Ritter Staupitz auf der sehr festen Burg Kriebstein bei Waldheim. — Bald
aber gab's für ihn weit ernstere Kämpfe und einen weit mächtigeren Feind.
Die Hussiten, aufgebracht über die Wortbrüchigkeit des Kaisers Sigismund
und über die Beschränkungen ihrer Freiheit, begannen in Böhmen kriege-
rische Unruhen (1418), aus welchen der unselige 20jährige Hussitenkrieg
hervorging. Der Markgraf gab den Bitten des Kaisers nach und eilte im I.
1420 nach Prag, den Aufrührern und Ketzern entgegen. Auch schlug er
sie und ihren großen Anführer Ziska mehrmals. Allein die hussitische
Partei wuchs von Tag zu Tag; der Kaiser und die übrigen deutschen
Fürsten vermochten nur wenig Kriegsvolk in's Feld zu stellen; und so
mußte denn auch Friedrich mit Trauer und Ingrimm im Herzen der
Übermacht des Feindes weichen. —- In dieser Zeit trug sich ein Er-
eigniß zu, das für unser Vaterland auf's Reue von großer Wichtigkeit
war. In der Gegend von Wittenberg und Dessau nämlich lag damals
das kleine Kurfürstenthum Sachsen, das an Rang und Würde weit
höher, als die Markgrafschaft Meißen war. Der Kurfürst Albert Iii.,
(aus dem askanischen Hause stammend), der keine Kinder hatte, starb
im I. 1422 plötzlich, als er eben in der lochauer Haide mit der Jagd
sich vergnügte. Da fiel das Land dem Kaiser Sigismund zu, und dieser
schenkte es Friedrich dem Streitbaren, dem er schon 90000 Thlr. schul-
dig war und den er auch gern noch länger als Beistand gegen die
Hussiten behalten wollte. So ward aus der Markgrafschaft Meißen,
die fast 500 Jahre bestanden hatte, im I. 1423 das Kurfürstenthum
Sachsen, und unser Staat war nun an Umfang und Rang einer der
ersten im deutschen Reiche. Friedrich zog zwar wieder gegen die Hus-
siten, die in Böhmen immer mächtiger geworden waren und schon Sach-
sens Grenzen bedrohten; aber was konnte er allein ausrichten, da die
übrigen deutschen Fürsten ihn verließen, und auch der tapferste Kriegs-
mann vor den schwarzen Räuberhorden der Hussiten die Flucht ergriff?
Bei Brüx (1425), bei Mieß und vor Allem bei Außig (1426) verlor er
gegen sie viele seiner trefflichsten Streiter. Diese unglücklichen Ereignisse
der letzten Jahre und dazu die stets peinigende Voraussehung, daß es noch
schlimmer kommen und Sachsen selbst in die Hände der grausamen
Feinde gerathen werde, brach die Kraft und den Muth des einst so
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